Die langjährige Vorsitzende von „Nachbarn in Not“ erhält die Ehrenplakette der Stadt Sindelfingen


Von Renate Lück


Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer hat die Gründerin und langjährige Vorsitzende der Hilfsorganisation „Nachbarn in Not“, Dr. Roswitha Seidel, namens des Gemeinderats für ihre besonderen Leistungen mit der goldenen Ehrenplakette der Stadt ausgezeichnet.
Zeugen des Festakts waren neben der Familie Seidel und dem Vorstand des Vereins die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats Walter Arnold, Axel Finkelnburg, Sabine Kober und Hasso Bubolz sowie der Leiter des Amts für soziale Dienste, Hans-Georg Burr.
Für Musik sorgte Barbara Gräsle, Fachbereichsleiterin für Gitarre an der SMTT, mit dem Bob Dylan-Song „Make you Feel my Love“ und Stücken für Western-Gitarre.
„Sie bekommen die hohe Auszeichnung, weil Sie sich in persönlicher Weise für die Menschen in der Stadt und darüber hinaus engagiert haben“, erklärte der OB. Die in Leipzig geborene Medizinerin kam mit ihrem Mann 1974 nach Sindelfingen und gründete zunächst zusammen mit Heide Müller und
Felicitas Röntgen einen Besuchsdienst für einsame Menschen. 1983 wurde zusammen mit der SZ/BZ die Hilfsorganisation „Nachbarn in Not“ gegründet, die drei Jahre später ein Verein wurde. Durch den
Weihnachtsbasar und den Weihnachtsbaumverkauf der Firma Walker kam Geld in die Kasse, mit dem man
Menschen helfen konnte, die bei staatlichen Stellen durchs Raster fielen. Die Sozialämter meldeten diese begründeten Notfälle dem Verein, dessen Ziele von der Stadt wohlwollend unterstützt wurden, denn er
handelte nach dem Motto „schnell und unbürokratische Hilfe zur Selbsthilfe“. Die eingehenden Spendengelder erreichten direkt die Bedürftigen und die Sindelfinger Zeitung berichtete über die Spendenvergabe.
Der Verein mit seinen 27 Mitgliedern hat seit Bestehen fünf Millionen Euro eingenommen und weitergeleitet, besonders in Sindelfingen, aber auch in Kreisgemeinden.

Waren es 1983 noch hundert Fälle, so erhöhte sich die Zahl 2021 auf 2.300. Insgesamt wurde 7.000 Menschen geholfen.
„Das ist nur möglich, wenn alle mithelfen. Frau Dr. Seidel hat dazu beigetragen, dass viele Helfer gefunden wurden. ‚Nachbarn in Not‘ wurde Teil ihres Alltags und zu ihrer Lebensaufgabe. Wie viel Zeit und Herzblut sie in den 39 Jahren eingebracht hat trotz der Sorge um Kinder und Enkel! Ohne ihr
Engagement wäre das nicht denkbar. Mit ihrer herzlichen Persönlichkeit gelang es ihr, neue Spender zu finden zu halten. Die Stadt braucht solche Menschen“, sagte Dr. Vöhringer.
2001 erhielt Dr. Roswitha Seidel die Ehrennadel der Stadt, 2010 das Bundesverdienstkreuz am Bande und nun die Ehrenplakette der Stadt. „Sie setzen sich ein, machen aber kein Aufhebens um sich. Sie haben Maßstäbe gesetzt und sind Vorbild für andere. ‚Nachbarn in Not’ ist eine wichtige Stütze in Sindelfingen“, sagte der Oberbürgermeister und dankte auch Prof. Dr. Wolfgang Seidel dafür, dass er seine Frau
unterstützte, „denn ohne Familie geht es nicht.“
Jürgen Haar, Chefredakteur der SZ/BZ und seit Kurzem gewählter Vorsitzender der Hilfsorganisation, beglückwünschte seine Vorgängerin für diese Auszeichnung: „Du hast sie verdient! Wir freuen uns, dass du sie annimmst.“ Und er ergänzte: „Was ihr auf die Beine gestellt habt, ist enorm. Es ist dein
Verdienst, dass du die Menschen motiviert hast – Carmen Bühl, Biggi Haug, Peter Heinkele, Doris Martini und andere.“ Dann plauderte er aus dem Nähkästchen, wie Dr. Seidel ihn herumgekriegt hat, zu kandidieren: „Du hast gesagt, es ist nicht viel Arbeit. Aber nur, weil die Leute, die heute hinten sitzen,
die Arbeit machen.“ Er fürchte, dass „Nachbarn in Not“ in nächster Zeit noch mehr gebraucht werde, nachdem er sich im Sozialamt und bei der Schuldnerberatung informierte. Er weiß aber auch, „dass es in
der Stadt großartige Menschen gibt, die ‚Nachbarn in Not‘ unterstützen mit großen und mit kleinen Beträgen. Es ist wichtig, dass wir wahrgenommen werden und im Gespräch bleiben und Menschen im Hinterkopf haben, wenn sie runde Geburtstag feiern.“ Er berichtete, dass der Verein 9-Euro-Tickets
gekauft habe für Menschen, die sich keine Fahrt nach Stuttgart leisten können. „Dieser Geist bei ‚Nachbarn in Not‘ ist großartig. Dafür danke ich dir herzlich.“ Da sie sich nicht gern fotografieren lässt, überreichte ihr ein Gemälde von Rainer Simon, der das NiN- Symbol hinzufügte, damit sie sich immer
daran erinnere.
Die Geehrte dankte dem Oberbürgermeister und der Crew im Rathaus für die lange Zusammenarbeit und sagte: „Ich bin stolz auf das Ergebnis.“